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20. November 2020
SCHREIBEN AN BUNDESMINISTER AltmaierSehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
nach der Ankündigung des erneuten Lockdowns der Kulturbranche für den November 2020 wurden von Seiten der Bundesregierung Überbrückungshilfepakete geschnürt, die nun auch Kulturschaffende in (solo-)selbständiger Tätigkeit berücksichtigen. Dies und insbesondere auch die außerordentlich sinnvollen Detailregelungen wie die der Verzicht auf die Antragstellung durch einen Steuerberater bei Anträgen geringen Volumens oder das Wahlrecht zur Abstellung auf den Jahresumsatz ist in der von der COVID-19 Pandemie heftig getroffenen Branche Musicaltheater mit großer Freude und Erleichterung zur Kenntnis genommen worden. Wir schätzen die Zusage der Bundesregierung, die vom erneuten Lockdown Betroffenen nicht allein zu lassen, außerordentlich. Die praktische Umsetzung ist jedoch im Einzelfall oft schwierig. Mit diesem Schreiben möchten wir auf die Sondersituation der Musicaldarsteller aufmerksam machen. Genau wie Film- und Fernsehschauspieler – und anders als feste Ensemblemitglieder an Stadt- und Staatstheatern – sind sie projektbezogen beschäftigt. Dies kann genauso eine allabendliche Beschäftigung in einer Musical-Großproduktion über viele Monate sein wie eine zweiwöchige Aufführungsserie an einem Stadttheater. Musicaldarsteller pendeln zwischen solchen zeitlich begrenzten Beschäftigungen hin und her, wobei auch immer wieder Zeiträume entstehen, in welchen sie nicht beschäftigt sind. Daher fällt es ihnen enorm schwer, die für das ALG I erforderlichen Beschäftigungsmonate aufzubauen. Sofern ALG I Ansprüche überhaupt erworben wurden, sind diese in den meisten Fällen nun aufgebraucht. Da die Theater nun geschlossen sind, wird Musicaldarstellern ihre Lebensgrundlage entzogen. Ein adäquater staatlicher Ausgleich findet jedoch in zahlreichen Fällen nicht statt, da die Betroffenen nicht solo-selbständig sind und weder ALG I noch Kurzarbeitergeld greifen. Diese für viele darstellende Künstler in Deutschland existenzbedrohende Sondersituation wurde dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 9. November von Vertretern des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) in einem sehr konstruktiven Gespräch mit Bundesminister Hubertus Heil ausführlich erläutert. Der Initiative des BFFS möchten wir uns hiermit auch für die vielen Tausend Musicaldarsteller in Deutschland in projektbezogener Beschäftigung ausdrücklich anschließen. Die bayerische Künstlerhilfe in Höhe von insgesamt EUR 3.000 wurde nach einer Initiative betroffener Schauspieler auch auf projektbezogen Beschäftigte Kulturschaffende ausgeweitet. Wir bitten Sie ausdrücklich, die kleine, aber gesellschaftlich wichtige Gruppe der darstellenden Künstler und ihre sozialversicherungsrechtliche Sondersituation in die Überlegungen zu den Ausgestaltungen der Überbrückungshilfen miteinzubeziehen und eine den Soloselbständigen vergleichbare Lösung zu finden. Für die Novemberhilfe kann dies noch angepasst werden. Auch zukünftige Programme wie die Neustarthilfe der Überbrückungshilfe III sollten auf projektbezogen Beschäftigte Kulturschaffende ausgeweitet werden. Über Anrechnungen von ALG I und KUG lassen sich auch Doppelbezüge verhindern. Für Anregungen und einen weiteren Austausch zur Ausgestaltung der Sonderhilfen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Reinhard Simon & Marco Jung |